Fair Trade Tee
Fair Trade Tee hat in den letzten Jahrzehnten einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt und steht für eine ethische und nachhaltige Alternative in der Teewirtschaft. Durch den Fokus auf fairen Handel und soziale Gerechtigkeit hat sich Fair Trade Tee zu einer bedeutenden Bewegung entwickelt, die sowohl die Lebensbedingungen der Teeproduzenten als auch die Umweltauswirkungen des Anbaus verbessern möchte.
Tee ist eines der beliebtesten Getränke weltweit. Alleine in Deutschland werden jährlich 20 000 Tonnen der kostbaren Blätter konsumiert. Doch was wir mit Genuss und Wohlgefühl verbinden, bedeutet für Menschen am anderen Ende der Welt oft nur eins: Ausweglosigkeit.
Die Situation der Teepflücker und kleinen Teeproduzenten ist nach wie vor dramatisch. Da Tee von kleinen Farmern an Großhändler weiterverkauft werden muss, sind diese einem enormen Preisdruck ausgesetzt. Kostenkalkulation oder eine sichere Zukunftsperspektive? Unter diesen Umständen so gut wie unmöglich! Ein Grund, warum viele der bislang eigenständigen Bauern ihre Felder aufgeben und Arbeit auf den großen Plantagen suchen. Aber auch dort verbessert sich die Situation kaum. Um eigenes Land zu bewohnen, fehlt das Geld, die Unterkunft auf der Plantage selbst befördert den Weg in die totale Abhängigkeit vom Plantagenbesitzer. Ein Kreislauf aus Armut und Ausbeutung entsteht, aus dem sich die Betroffenen und ihre Familien selbst nicht mehr befreien können. Doch es geht auch anders, wie die Geschichte des jungen Mädchens Kasthuri zeigt:
Wenn Kasthuri über fair gehandelten Tee spricht, leuchten ihre Augen. Das junge Mädchen aus Indien hat dem Tee der Chamraj Plantage eine Menge zu verdanken. Seit mehreren Jahren hat die Plantage ihre Produktion zum Teil auf Fairtrade umgestellt und das mit nachhaltigem Erfolg. Denn Fairtrade bedeutet weit mehr als nur ordentliche Löhne für Arbeiter und Kleinbauern. Zusätzlich zum eigentlichen Verkaufserlös werden bei Fairtrade Prämien ausgezahlt, die durch einen demokratischen Arbeiterrat verwaltet und zur Verbesserung der örtlichen Bedingungen eingesetzt werden. So können soziale oder ökologische Projekte verwirklicht werden, für die ansonsten keine Mittel zur Verfügung ständen. In Kasthuris Fall bedeutet das zum Beispiel Schulbildung auf hohem Niveau. Denn die Chamraj Plantage finanziert mit den Fairtrade Prämien die komplette englischsprachige Schulbildung für alle Kinder der Plantagenarbeiter. Sozialer Aufstieg bis hin zum Universitätsstudium wird so Realität!
Preisschwankungen am Weltmarkt – Sicherheit durch Fair Trade Tee
Die Preise für Tee auf dem Weltmarkt werden wie die vieler anderer Produkte nicht festgesetzt, sondern durch Versteigerung ermittelt. Eine Verkaufsmethode, die Dumpinglöhnen Tür und Tor öffnet. Preisuntergrenzen oder Abnahmegarantie existieren nicht. Diese Preisgestaltung trifft jedoch nicht in erster Linie die Händler, sondern vor allem die Produzenten. Nach Abzug aller Gewinnmargen bleibt für die eigentliche Ware oft kaum etwas übrig, denn die Plantagenbesitzer sparen in Zeiten schlechter Marktpreise zusätzlich an den Lohnkosten. Unter diesen Bedingungen werden selbst lebensnotwendige Grundbedürfnisse wie sauberes Trinkwasser oder eine angemessene Unterkunft zum Luxusgut.
Fair Trade Tee verfolgt dagegen einen komplett anderen Ansatz. Je nach Ursprungsland, Teesorte und Anbauart wird ein vorher bestimmter Festpreis gezahlt. Eine sichere Planungsgrundlage für die Produzenten und Basis für eine langfristige wirtschaftliche Erholung. Die zusätzlich gezahlte Prämie steht unabhängig davon zur Verfügung und kann für jegliche Projekte eingesetzt werden, von denen die Arbeiter direkt profitieren. Neben Schulen, Kranken- oder Altenversorgung kann das zum Beispiel auch Landkauf sein. Denn das eigene Stück Feld ist immer noch die sicherste Methode, sich langfristig eine gesicherte Existenz aufzubauen. Eine weitere Maßnahme um gerade Kleinbauern zu fördern ist die Vorfinanzierung der Produktion, die durch Fairtrade erst ermöglicht wird. Zum Einkauf von Saatgut oder für sonstige Aufwendungen können jedem Bauern gesichert 60% seiner Produktion vorab gezahlt werden. So haben auch kleine, spezialisierte Anbauinitiativen eine Chance, die Einzelfarmern oder Kooperativen ein wirtschaftlich solides Fundament für ihren Anbau bieten.
Fairtrade = Bio?
Auch wenn sich Fairtrade und Biosiegel in vielen Punkten ähneln, sind sie von ihrer Grundidee her nicht gleichzusetzen. Während das Biosiegel in erster Linie ein Umweltsiegel ist, handelt es sich bei Fairtrade um ein Sozialsiegel. Der Unterschied dabei ist, dass Fairtrade die Produzenten dort abholt, wo sie in ihrem Entwicklungsprozess gerade stehen und erst langsam an ökologische Produktionsbedingungen heranführt. Das langfristige Ziel ist jedoch das gleiche, nämlich eine nachhaltige Bewirtschaftung der Feldflächen, für eine gesunde Umwelt und gute Produkte. Das Problem der Biolandwirtschaft ist jedoch die Umstellungsphase, während der mit hohen Ernteausfällen zu rechnen ist. Da die Erteilung des Biozertifikats strenge Maßstäbe an Bodenbeschaffenheit und -qualität setzt, müssen viele Feldflächen erst eine Zeit lang unbestellt bleiben. Diese Phase kann einige Monate, manchmal aber auch Jahre dauern. Für Kleinbauern ein unhaltbarer Zustand, denn ein derartiger Ausfall würde den kompletten Verlust ihrer Existenz bedeuten. Um gerade die ärmsten Bauern nicht von einer fairen und nachhaltigen Produktion auszuschließen, versucht das Fairtradesiegel einen Mittelweg zu gehen, der den Bedürfnissen der Produzenten ebenso wie ökologischen Aspekten entgegen kommt. Wie im Biolandbau dürfen keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut, oder Pflanzenschutzmittel angewendet werden. Aber die Böden und sämtliche Produktionsabläufe können deutlich langsamer auf eine ökologisch nachhaltige Erzeugung umgestellt werden. Und ist der erste Schritt mit dem Fairtradesiegel gemacht, ist die Umstellung auf Bio meist deutlich einfacher. Denn Fairtrade unterstützt die Bauern mit Beratung und Hilfe bei der Antragsstellung so lange, bis sie das Biosiegel erhalten. Und auch danach werden die Produzenten weiter begleitet. Ein zusätzlicher Fairtrade-Bio-Zuschlag, der nach Erhalt des Siegels gezahlt wird, entlohnt für die Mehrkosten der teureren Anbaumethode. Schon heute werden über 82% der Fairtrade Tees nach Bio Richtlinien produziert. Ein gutes Ergebnis, für eine nachhaltige und menschenwürdige Teeproduktion.
Nachverfolgbarkeit und Kontrollen bei Fair Trade Tee
Doch wie sicher ist das Fairtrade Siegel bei Fair Trade Tee eigentlich?
Grundsätzlich streben Fairtrade wie Bioproduzenten eine lückenlose Nachverfolgbarkeit ihrer Produkte an. Gerade die Arbeit mit Kleinbauern wird hierbei aber zum Problem. Aufgrund der geringen Produktionsmenge müssen die Produzenten ihre Erzeugnisse an größere Fabriken liefern, in denen auch konventionelle Produkte verarbeitet werden. Da die Masse an fairen Waren noch immer zu klein ist, um eigene Weiterverarbeitungsunternehmen zu gründen, wird zum Beispiel fair angebauter Tee auf der gleichen Verpackungsanlage abgefüllt wie herkömmlicher Tee. Eine Vermischung mit Rückständen ist dabei nicht zu vermeiden. Damit trotzdem kein normaler Tee als Fairtrade Tee in den Handel gelangt, wird streng darauf geachtet, dass nur so viele Kilogramm Fairtrade Tee verkauft werden, wie auch in die Fabrik gebracht wurden.
Diesen komplizierten Dokumentationsprozess überwachen neben Fairtrade und Fairtrade International auch unabhängige Kontrollinstitute wie FLO-Cert. Vor allem Wareneingänge und Ausgänge werden genau dokumentiert, so dass alle Prozesse jederzeit bis zur letzten Stelle nachverfolgbar sind. Und wo eine physische Trennung problemlos möglich ist, ist sie auch Pflicht!
Fair gehandelter Tee ist inzwischen weit mehr als nur eine Alternative. Er sichert vielen Familien ein geregeltes und vor allem angemessenes Einkommen und sorgt durch nachhaltige Initiativen dafür, dass auch Umwelt und Sozialstruktur des Landes profitieren. Doch noch immer werden nur knapp 200 Tonnen fairen Tees jährlich in Deutschland konsumiert. Zeit, dass sich dieser Zustand ändert!